
6 | Gut Böckel und Voßholz
Rödinghausen
Wie kaum eine andere Route verbindet die Wanderung rund um das Gut Böckel Naturerlebnis mit Kultur, sogar mit (Hoch-)Literatur. Besonders berühmt ist Böckel, weil der deutsche Dichter Rainer Maria Rilke vor vielen Jahren auf dem alten Gut zu Gast war. Die Geschichte der jahrhundertelangen Landnutzung lässt sich an der gesamten Wegstrecke sehr gut nachprüfen und anhand vieler Merkmal gut erkennen.

Stationen
Das gibt es zu sehen

Gutsgeschichte
Die Namen der Besitzer des alten Adelssitzes Gut Böckel sind seit 1350 bekannt. Im 19. Jahrhundert wurde es an einen Bürgerlichen verkauft. Wohlhabende Händler oder Industrielle können sich große Immobilien leisten, die den Adeligen zu kostenintensiv wurden. Seit 1991 gehört das Gut der Familie von Oeynhausen-Leffers und wurde vollständig renoviert. Heute wird es für Veranstaltungen genutzt und ist immer noch ein großer, landwirtschaftlicher Betrieb.

Landnutzung im Wandel
Bis etwa 1960 wurde vor allem und in großem Maßstab Milchviehwirtschaft betrieben. Dazu benötigte man viel Grünland. Noch Anfang des 20. Jahrhundert arbeiten ca. 100 Menschen auf Gut Böckel. Später wurden viele Wiesen und Weiden in Äcker umgewandelt, immer stärkere Maschinen ersetzen die Handarbeit. Heute lebt kein Vieh mehr auf Gut Böckel, Schwerpunkte sind Getreide- und Maisanbau sowie der Betrieb einer Biogasanlage.

Wiesen im Wald
Feuchte Wiesen waren zur Beweidung im Hochsommer sehr wichtig. Deshalb wurden bis tief ins Voßholz Weiden angelegt, auch wenn sie am Ende sehr schmal wurden. Unter modernen Bedingungen sind sie kaum noch nutzbar. Am Rand der Wiesen pflanzte man Kopfhainbuchen, die heute noch Zeugen einer alten Bewirtschaftungsform sind. Die Äste der Bäume wurden regelmäßig in etwa zwei Metern Höhe abgeschnitten, um Brennholz oder Laubstreu zum Verfüttern zu erhalten. Für die Kühe was das frische Laub zu hoch und für die Menschen noch gut erreichbar zum Absägen oder -schneiden. Kopfbäume aus Hainbuchen sind insgesamt selten, viele häufiger sind Kopfweiden. Hainbuchen sind aber ebenfalls bestens dafür geeignet, weil sie sich sehr gut zurückschneiden lassen. Dies erklärt ihre Verwendung als Heckenpflanze in zahllosen Hausgärten.

Quellschutz
Im Voßholz entspringen viele Quellen, welche bachabwärts in den Darmühlenbach münden. Durch den Einsatz von kleinen Brücken und dem Rückbau der alten Verrohrungen wurden die wertvollen, kleinen Gewässer für Wasserlebewesen wieder durchgängig gemacht.

Erlen-Eschenwald
Aus einer alten Wiese oder Weide hat sich ein Erlen-Eschenwald entwickelt. Es lassen sich noch Reste von Entwässerungsgräben erkennen.

Voßholz
Das Voßholz ist eines der wenigen großen, zusammenhängenden Waldstücke im Kreis Herford. Es setzt sich hauptsächlich aus Buchenmischwäldern zusammen, kleinere Fichtenbestände wurden entfernt. Wenn genügend ältere Bäume stehen gelassen werden, finden sich auch größere Vogelarten, wie der Schwarzspecht als Brutvögel ein.

Erbbegräbnis
Viele Adelssitze in Westfalen besaßen das Recht, den Geistlichen für die so genannte „Patronats-Kirche“ in der Gemeinde zu benennen. Auch die Begräbnisstätte der vornehmen Familien befand sich oft im Kirchenbau, meist direkt unter dem Boden. Aus hygienischen Gründen wurde dies ab 1794 untersagt. Seit Anfang des 19 Jahrhunderts war es deshalb möglich - auch Gutsbesitzern oder großen Bauern gestattet - eine Begräbnisstätte abseits des Familiensitzes zu unterhalten. Auf dem Erbbegräbnis, einem anderen Wort für Familiengrab, sind im Voßholz Angehörige der Familie Koenig begraben.

Alexander Koenig & Grünspecht
Alexander Koenig (1858 - 1940) war zu seiner Zeit ein bekannter Ornithologe, Jäger und Sammler. Bei seinen 25 nachweisbaren Besuchen von 1875 bis 1895 auf Gut Böckel, das zu der Zeit von seinem Bruder Karl geleitet wurde, schoss er zahlreiche Vögel, wie Stare, Rebhühner oder Eisvögel. In der großen Vogelsammlung des von ihm gegründetem „Alexander Koenig Museums“ in Bonn sind heute noch 53 Präparate von 38 Arten zu finden, die rund um Gut Böckel „gesammelt“ wurden. Herausragend ist ein Gelege aus sechs Eiern der Wachtel, das dem jungen Koenig 1883 von Landarbeitern gebracht wurde. Bis heute ist dies der einzige sichere Brutnachweis der sehr seltenen Vogelart für den Kreis Herford.

Rilke & Hertha Koenig
Der Lyriker Rainer Maria Rilke (1875 - 1926) verbrachte im Spätsommer 1917 einige Wochen auf Gut Böckel. Zu dieser Zeit war eine seiner Förderinnen, die Dichterin Hertha Koenig (1884 - 1972), Gutsherrin auf Böckel. Sie lud den damals wohnungs- und mittellosen Schriftsteller zu sich in die Provinz ein. Rilke setzte sich in vielen Briefen mit der umliegenden Landschaft und dem aus seiner Sicht schlechten Wetter auseinander. So schlecht war das Wetter nachweislich nicht, aber der Liebhaber südeuropäischer Gegenden fand sich nur schlecht im Bünder Land zurecht. Hertha Koenig verfasste viele Jahre später einen kleinen Erinnerungsband über den prominenten Besuch.

Gebäude & Park
Die ältesten erhaltenen Gebäude sind die Vorburg und der Nordflügel von 1680 bzw. 1682. Sie wurden so erbaut, dass man bequem darin wohnen kann, dennoch aber die Schutz- und Wehrfunktion erhalten blieb. Viele Generationen lang konnten die großen Räume nur durch offene Kamine oder Öfen geheizt werden, was im Winter nicht immer angenehm war. Auch heute sind die sehr großzügig geschnittenen, hohen Zimmer im Hauptgebäude nicht einfach zu heizen. Garten und Park wurden in den 1890 er Jahren aufwändig und nach den damals neuesten Gartenkunstkenntnissen grundlegend neugestaltet.
Start/Ziel
Ein Parkplatz befindet sich an der Rilkestrasse beim Gut Böckel in 32289 Rödinghausen. Startpunkt ist der Weg westlich des Gut Böckel.
Stationen
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Hinweis
Nicht beschilderter Rundkurs. Bitte denken Sie daran, dass Sie sich in einem Naturschutzgebiet bewegen und bleiben Sie deshalb unbedingt auf den Wegen! Hunde bitte anleinen.
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Karte: © Geobasis NRW - Datenlizenz Deutschland - Zero - Version 2.0
Fotos: POI 2: Gemeindearchiv Rödinghausen; POI 8: E. Möller; POI 9: Museum Bünde, Wanderstiefel © Adobe Stock, alle anderen ©Biologische Station Ravensberg